C/O POP - QuinzeQuinze

29. April 2023
19:15 - 20:00

Seit 2013 formt QuinzeQuinze ihre eigene "klimatische" Musik, in Ermangelung einer bestehenden Kategorie, die den widersprüchlichen Charakter ihres kreativen Ansatzes umfasst. Heute tauchen Ennio, Julia, Marvin, Robin und Tsi Min ein wenig tiefer in den vulkanischen Brunnen, aus dem die flammende Kraft ihres musikalischen, visuellen und erzählerischen Triptychons hervorquillt. Aus dieser Glut haben sie die Energie geschöpft, die für dieses neue Projekt mit dem Titel VĀRUA EP nötig war.

Vārua, was auf Tahitianisch Seele oder Geist bedeutet, war eine einleuchtende Wahl: Der Begriff, der tief im polynesischen Erbe verankert ist (das zwei Mitglieder der Band teilen), gibt dem gesamten Projekt seine Daseinsberechtigung.

Dasselbe Vārua ist auch die Wurzel des Wortes Vārua'ino, das sowohl böse Geister als auch himmlische Phänomene (Donner, Regen, Meteoriten und Regenbögen) bezeichnet und damit ein neues Licht auf das wahre Wesen dieser neuen EP wirft.

Der wechselnde Charakter des Albums fördert auf natürliche Weise die Verbindung zwischen den Tracks und der Vielfalt der von ihnen beschworenen Genres. Hier spürt man die Präsenz der süd- und nordamerikanischen, karibischen, afro-portugiesischen oder englischen Szene. Und hier hört man R&B, Trip-Hopalong mit experimenteller Elektronik oder Dancehall-Klänge. Das ganze Projekt artikuliert sich um eine DNA, die von traditionellen perkussiven Instrumenten (To'ere, Steel Drum), Ori Deck, Bravadoc, die von der jungen tahitianischen Underground-Szene getragen wird, und uraltem ōrero (polynesische Redekunst) gebildet wird.

VĀRUA ist eine kybernetische Mischung aus vorweggenommener Science-Fiction und Volkslegenden, um die sich die verschiedenen Instrumentalstücke ranken. Eine zugängliche und anpassungsfähige Orchestrierung ersetzt klassische Strukturen/Chöre und verwebt sich mit der Erzählung, so einfach wie unsere Landkarten und unser Glaube uns erlauben, Himmelsbewegungen zu verbinden.

Oftmals zwischen stellarer Kohärenz und astraler Wanderung schwankend, tauchen die sieben Tracks der EP und ihre vārua in verschiedene mentale Räume ein - der Strom des kollektiven Bewusstseins kreuzt Pfade mit zerschlagener Erinnerung ("Te Tiare"), die Melancholie, die am Ende eines Lebenszyklus empfunden wird, verschmilzt mit der ekstatischen Leere des Unterbewusstseins ("Le Bleu"), die Traurigkeit, die durch den Verlust eines geliebten Menschen entsteht, oder die Frustration, die durch den Mangel an Inspiration entsteht, kontrastiert mit dem Aufkommen von Hoffnung ("Le Soleil", "Muse"). Ebenso wie die existenzielle Krise der künstlichen Intelligenz in "Les Restes" zeigt VĀRUA persönliche Gefühle und Paradoxien auf, die das Rückgrat der menschlichen Erfahrung bilden.

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