Les Vitrines 2021

Der Ausstellungsraum "Les Vitrines", der 2021 vom Bureau des arts plastiques des Institut français Deutschland und dem Institut français de Berlin initiiert wurde, ist der aufstrebenden französischen Kunstszene gewidmet. Mit der Konzeption und Umsetzung der jährlichen Ausstellungsreihe wird ein*e junge*r Kurator*in beauftragt. Aus dem Wunsch heraus, der jungen französischen Kunstszene einen sichtbaren kreativen Raum zu bieten, soll “Les Vitrines” wesentlicher Bestandteil des Programms in Berlin-Charlottenburg werden.

Für das Jahr 2021 wurde die Leitung der Vitrines der jungen Kuratorin Liberty Adrien beauftragt, die vier Einzelausstellungen der französischen Künstlerinnen Hoda Tawakol, Anne-lise Coste, Charlotte Dualé und Marie-Claire Messouma Manlanbien präsentieren wird. Für ihren Ausstellungszyklus hat Liberty Adrien die französische Typografin Sophie Douala eingeladen, die visuelle Identität für Vitrines 2021 zu gestalten.

Hoda Tawakol -  Corps (in)visibles

23. Januar 2021 - 05. April 2021

Hoda Tawakol, in London geboren und primär in Paris aufgewachsen, ist eine französisch-ägyptische Künstlerin, die in Hamburg lebt und arbeitet. Tawakols breite künstlerische Praxis umfasst handgefärbte und genähte Textilarbeiten, Mixed-Media-Skulpturen wie Installationen, die Texturen, Raster und geometrische Formen und Papierarbeiten miteinander verflechten. Ihre Annäherung an die zeitgenössische Textilkunst ist tief verwurzelt in der feministischen Bewegung der 1970er Jahre. Die Recherchen der Künstlerin konzentrieren sich auf traditionelle rituelle Praktiken und Bilder, die mit Übergangs- und Transformations-Momenten im Leben einer Frau verknüpft sind. Ihr Werk dekonstruiert diese Symbole und Archetypen, die das weibliche Handeln bestimmen. Durch die Vielfalt der Medien und Komposition in ihren künstlerischen Interventionen berührt Tawakol die Grenze zwischen den Extremen der Konstruktion von persönlichen Identitäten und ihrer Auflösung, bis hin zu ihrem Zerfall. Tawakol interessiert sich der Verknüpfung formalästhetischer Ansätze mit gesellschaftlichen Fragestellungen, insbesondere mit Gender-Fragen.

 

Anne-Lise Coste - Nous danserons

24. April 2021 - 11. Juli 2021

Die Kunst der Spontanität der französischen Künstlerin Anne-Lise Coste ist durch Ausdrucksformen und Gedanken gekennzeichnet, die im Zeichen unserer Epoche und ihrer Turbulenzen stehen. Der Rhythmus ihrer visuellen Gedichte, die aus Aneinanderreihungen und Überlagerungen von Formen und Wörtern bestehen, ist wie ein Geflecht aus Gefühlen der Liebe, Wut, Hoffnung, Freude und Empörung, die das Leben eines Menschen ausmachen.
Anne-Lise Coste erschafft ihre Werke in der Unmittelbarkeit der Aktion, ohne Konzept oder vorbereitende Zeichnung, und entzieht sich so den soziopolitischen, ökonomischen und ästhetischen Normen, die unsere Entscheidungen und Wünsche beeinflussen. Ihre Werke sind ein Raum der Begegnung, der Gefühlsäußerung und der kritischen Reflexion, in dem Unerwartetes und Störendes, das während des Schaffensprozesses auftritt, das Bild vervollständigt. Die Oberflächen – Blätter, Wände, Gegenstände –, die Anne-Lise Coste in Beschlag nimmt, werden so zu lyrischen, epischen, heroischen und dramatischen Manifestationen, zu Abdrücken von Leben, Geschichte und sozialem Denken. Ihrem künstlerischen Vorgehen liegt ein Urinstinkt zugrunde: das tiefe Bedürfnis, all jenen, die nach uns kommen, unverstellte Erfahrungs- und Gefühlsfragmente zu überliefern.
Im Rahmen ihrer Ausstellung Nous Danserons in Les Vitrines des Institut français Berlin präsentiert Anne-Lise Coste eine Lithographieserie, die in Zusammenarbeit mit URDLA - Centre International Estampe & Livre entstanden ist.

Charlotte Dualé - Entre aide

24. Juli – 10. Oktober 2021

Die französische Bildhauerin Charlotte Dualé setzt sich in ihrem Werk mit den Begriffen Häuslichkeit, Funktionalität, Form, Verzierung und Nützlichkeit auseinander. Ihre Keramik- und Porzellanskulpturen sind faszinierende Ideensammlungen, Elemente, die sich mit der Geschichte unseres Alltags vermischen. Eine Form kann somit ein Buchstabe und seine Kombination ein Wort sein, eine metaphorische Darstellung eines Körpers oder ein Gegenstand für den Hausgebrauch.
Für ihre Ausstellung Entre aide beschäftigt sich Charlotte Dualé mit dem wichtigen Begriff der Sorge um andere. Ausbalanciert, sich gegenseitig stützend und tragend, interagieren ihre modellierten und umgeformten Ausstellungsstücke im Raum. Speziell auf die Bedürfnisse dieser Kompositionen zugeschnitten, besitzt jede Form und Gegenform eine Individualität, die an die einzelnen Akteure in unseren Gesellschaften erinnert. Wie eine Enzyklopädie des Möglichen und der Beziehungen dienen Dualés Objekte mit ihren organischen Konturen und intuitiven Kombinationen als Ausdrucksformen. Mit ihrer Sprache schafft Charlotte Dualé einen spürbaren Raum, der die Grenzen des Figurativen und des Abstrakten überschreitet und so zu einem wahren Mikrokosmos aus Formen und Farben wird, welcher Charakterzüge und Haltungen widerspiegelt, die sich wie Schriftfragmente entfalten.

Marie-Claire Messouma Manlanbien - Ainsi le silence

29. Oktober 2021 - 16. Januar 2022

Die Werke der französischen Künstlerin Marie-Claire Messouma Manlanbien spinnen aus Glaubens-, Geschichts- und Erinnerungsfragmenten die Materialität der Welt. Sie versetzen uns mit viel Feingefühl in eine Umgebung jenseits jeder bekannten Geographie, bestehend aus symbolischen Verweisen und Bezügen. Ihre Arbeit ist ein Kontinuum von emotionaler Verbundenheit und Kenntnissen, der Ausdruck eines Erbes durch Mode, Performance und Poesie. Ein Erbe, das durch die Erzählungen von Menschen aus dem Umfeld der Künstlerin und von ihren Vorfahren, die den Akan-Völkern angehörten und von den Antillen stammten, sowie durch komplexe Verbindungen zwischen traditionellen und modernen Praktiken reich an Einflüssen ist.
Ihre Kunst des Zusammenfügens, lebendig und schützend zugleich, ist eine Kartographie von Wurzeln und Korrelationen, die sich miteinander verflechten und verbinden. In ihren Skulpturen und textilen Kunstwerken, die an der Wand hängend oder als Teil einer Performance präsentiert werden, ist jedes Detail wie in einer Abfolge von Geprägen und Objekten, die von alten Kommunikationswerkzeugen und Elementen der matriarchalischen Akan-Gesellschaft Côte d’Ivoires und Guadeloupes inspiriert sind, sowie von Steinen, Garnen, Haaren, silberfarbenen Schwämmen und Schriften mit dem anderen verbunden. Die Gegenstände wurden verwebt, graviert oder in lange Kupferstreifen geschnitten. Marie-Claire Messouma Manlanbien erzählt uns mit Formen, Materialität, Worten und Symbolen die Geschichte einer Welt an den Grenzen des Greifbaren, in der das Natürliche, das Lebendige und das Spirituelle zu einem Ganzen verschmolzen sind. Die zentralen Beziehungen in ihrem Werk zwischen Mensch, Umwelt und all den Ökosystemen, die die Grundlage unserer Welt bilden, knüpfen an die Klimafragen der heutigen Zeit an.
Bilder © Ivo Gretener

 

Gefördert vom Kulturbeirat Charlottenburg-Wilmersdorf.
Mit der Unterstützung von Veolia.
TOTAL Deutschland freut sich, Partner des deutsch-französischen Projekts "Les Vitrines" zu sein. Die Förderung junger künstlerischer Initiativen steht im Mittelpunkt des kulturellen Engagements der TOTAL-Stiftung.